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Seemotive, die vier Atom-Frachter!
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Bei einem Schiff mit nuklearem Antrieb wird in einem Reaktor eine Kettenreaktion von
Kernspaltprozessen erzeugt. Die dabei auftretende Wärme wird zur Dampferzeugung
für den Antrieb der Dampfturbinen genutzt. Der Vorteil dieses Antriebs liegt in dem
geringen Brennstoffbedarf und dem fast unbegrenzten Aktionsradius der Schiffe.
Der Nachteil sind die hohen Kosten, und zwar beim Bau, der Wartung und bei der Entsorgung.
Dazu kommt die nie auszuschliessende Gefährdung der Menschen durch austretende
Strahlung bei irgendeinem Unfall.
Das erste Schiff der Welt mit Nuklearantrieb war das US U-Boot 'Nautilus', Indienststellung
1955. Es folgte 1959 der sowjetische Eisbrecher 'Lenin'. Diese Seite berichtet über
die vier Frachtschiffe, die danach gebaut wurden. Es waren die amerikanische 'Savannah',
die deutsche 'Otto Hahn', die japanische 'Mutsu' und die russische 'Sevmorput'.
Die ersten drei waren reine Test- und
Forschungsschiffe um herauszufinden, ob sich der Nuklearantrieb für Frachtschiffe
rechnet. Das russische Schiff bekam einen Kernreaktor, der auf einigen Eisbrechern bereits in Betrieb war.
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Die amerikanische 'Savannah' war das erste Handelsschiff der Welt mit Nuklearantrieb.
Hier einige Daten:
Baubeginn 1956, Stapellauf 1959, Indienststellung 1962. Länge 166,11m, Breite 24,77m,
Tiefgang 8,99m, 21.840 BRT, Geschwindigkeit 21 kn, Leistung der zwei Dampfturbinen
22.000 WPS. Bauwerft war die New York Shipbuilding Corporation in Camden.
Das Schiff war als Frachtschiff mit Kabinen für 60 Passagiere gebaut inklusive
Swimming-Pool. Es sollte ein
Versuchsforschungsschiff sein, es war aber mehr ein Reklameschiff für die Kampagne
'Atoms for Peace', Atome für den Frieden.
Die Amerikaner sprachen selbst von einem
'show boat', denn die Laderäume hatten eine Kapazität von nur 9.000 Tonnen.
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Wie auf diesem Brief zu sehen, erhielt die 'Savannah' ihren Namen nach dem Schiff, das
1819 zum ersten mal mit Maschinenkraft den Atlantik überquerte.
Die 'Atom-Savannah' kam erst nach langen Streitigkeiten zwischen der Reederei und den
Gewerkschaften über Sicherheitsvorkehrungen in Fahrt und
überquerte den Atlantik im Juni 1964. Sie fuhr in 10 Tagen von
New York nach Bremerhaven und hatte auch Ladung an Bord. Diese Fahrzeiten mit Ladung
dauerten bis 1971. Dann wurde das Schiff aufgelegt. Es war ganz einfach zu teuer.
Die durchschnittlichen Kosten betrugen 2,9 Mio
Dollar pro Jahr. Andere Quellen sprachen von einem Zuschuß von 4 Mio Dollar
jährlich.
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Die 'Savannah' hat in den acht Betriebsjahren ca. 480.000 Seemeilen zurückgelegt.
Sie wurde als technischer Erfolg gefeiert, aber sie war wirtschaftlich nicht haltbar.
Die 'Savannah' liegt heute im Maritimen Museum in Mt. Pleasant, South Carolina.
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Die deutsche 'Otto Hahn' war das zweite Handelsschiff der Welt mit Nuklearantrieb.
Das Schiff erhielt den Namen des Chemikers Otto Hahn, der 1938 die Kernspaltung beim
Uran entdeckte. Hier einige Daten:
Baubeginn 1963, Stapellauf 1964, Indienststellung 1968. Länge 172,02m, Breite 23,40m,
Tiefgang 9,2m, 16.870 BRT, 15.000 tdw, Geschwindigkeit 15,75 kn, Leistung der Dampfturbine
10.000 WPS. Besatzung 73 Mann plus 36 Mann Forschungspersonal. Bauwerft waren die
Howaldtswerke in Kiel.
Die 'Otto Hahn' war als Erzfrachter konzipiert.
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10 Jahre fuhr die 'Otto Hahn' ohne nennenswerte Probleme. 1978 wurde die Stillegung
beschlossen.
Auf 126 Reisen hatte das Schiff insgesamt 642.000 Seemeilen mit dem Nuklearantrieb
zurückgelegt und 776.000 Tonnen Ladung befördert. In dieser Zeit wurden nur
80 kg spaltbares Uran als Brennstoff verbraucht. Die nukleare Entsorgung des Schiffes
dauerte drei Jahre, dabei fielen Kosten von 22 Mio Mark an.
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Die 'Otto Hahn' wurde an die Rickmers Reederei verkauft und 1982/83 zu einem Containerschiff
mit einem Dieselmotor umgebaut. Das Schiff bekam den Namen 'Trophy', der später in
'Norasia Susan' (1983), dann in 'Norasia Helga' (1985) geändert wurde. 1988 hiess das Schiff "Hua Kang He"
und fuhr für COSCO. 1999 wurde es nach Griechenland verkauft (Alon Maritime Corporation) und bekam den
Namen "Madre". 2010 ging es dann nach Chittagong zum Abbruch.
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Die japanische 'Mutsu' war das dritte Handelsschiff der Welt mit Nuklearantrieb. Hier einige
Daten:
Stapellauf 1969, Werftübergabe 1970, (Indienststellung 1990 ?, siehe unten). Länge 130m,
Breite 19m, Tiefgang 6,9m, 8.242 BRT, Geschwindigkeit 16,5 kn, Leistung der Dampfturbine
10.000 WPS.
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Das Schiff sollte 1972 in Dienst gestellt werden. Es traten aber große
Probleme
mit dem Reaktor inklusive Strahlengefährdung auf. Nach Reparaturen und kurzer Fahrzeit
traten wieder Mängel auf. Zusätzlich kamen massive Proteste japanischer Fischer.
Die 'Mutsu' wurde ohne Erprobung in der Frachtschiffahrt außer Dienst gestellt.
1981 wurde das Schiff zu Reparaturarbeiten in eine Werft nach Nagasaki verholt.
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1990 wurde bekannt, daß die Maschinentests auf der 'Mutsu' erfolgreich verlaufen sind.
Mit dem Schiff wurden dann von 1990 bis 1992 vier Forschungsfahrten durchgeführt, die
als erfolgreich bezeichnet wurden. Danach wurde bis 1995 der Reaktor ausgebaut, das Schiff
dekontaminiert.
Der Stempel zeigt das japanische Datum des Stapellaufes am 12. Juni 1969.
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In der Zeit von 1983 bis 88 bauten die Russen das vierte Frachtschiff mit einem
Nuklearantrieb. Es erhielt den Namen 'Sevmorput', ist 260m lang, 32m breit, Tiefgang 11,8m
und hat 33.980 tdw. Die Maschine schafft 40.000 WPS, es läuft 20,5 kn.
Das Schiff hat eine verstärkte Bordwand und einen Eisbrechersteven.
Es ist als Lash-Carrier gebaut.
Die "Sevmorput" kann 74 LASH-Leichter oder 1.328 TEU transportieren und ist dafür ausgelegt,
Eis bis zu einem Meter Dicke zu brechen.
Der Name "Sevmorput" bedeutet 'nördlicher Seeweg' und es wurde auch auf der Nordostpassage eingesetzt.
2008 wechselte das Schiff den Besitzer und wurde stillgelegt. 2015 wurde es dann erneut in Dienst gestellt
und fährt für das russische Verteidigungsministerium in der Arktis.
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Die Erfahrungen mit den ersten drei Forschungsfrachtern mit 'Atomantrieb' haben ergeben: Dieser
Antrieb ist für die Handelsschiffahrt zu teuer. Wegen der schweren Reaktoren
und dem notwendigen Strahlenschutz benötigen die Schiffe
Doppelhüllenkonstruktionen und verstärkte Rumpfverbände.
Dazu kommt, daß noch viele
Häfen solchen Schiffen aus Sicherheitsgründen das Einlaufen verbieten.
Der Nuklearantrieb hat sich aber bei der Marine, die nicht wirtschaftlichen Zwängen
unterworfen ist, durchgesetzt.
Atomreaktoren sind auf vielen U-Booten und Flugzeugträgern
installiert. Ebenso bei mehreren russischen Eisbrechern. Hier kommt es auf lange und
unbegrenzte Einsatzzeiten, auf große Geschwindigkeiten und auf hohe Leistungen
an der Schraubenwelle an.
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