Stralsund Cog
Seemotive:

Die Hanse

und ihre Schiffe!

Cog 16th century



Hanse routes
Seit dem 11. Jahrhundert gab es in Europa mehrere Kaufmannsgilden, die unter dem Namen 'Hanse' (Schar, Gemeinschaft) Handel trieben. Ziel der Zusammenschlüsse war der Schutz der Kaufleute auf ihren Handelsreisen.
Aus diesen Kaufmannsbünden entwickelte sich ab dem 12. Jahrhundert in Norddeutschland ein großer Städtebund, der ebenfalls 'Hanse' genannt wurde und dem zeitweise bis zu 200 Städte in Europa angehörten.
Dieser Bund dehnte sich von Skandinavien bis Oberitalien und von England bis Russland aus.
Die Hanse prägte vier Jahrhunderte das wirtschaftliche, politische und kulturelle Leben in Europa.
Auf dieser Postkarte sind einige Routen der Hanseschiffe in Nord- und Ostsee dargestellt.
Dazu gehören auch noch Verbindungen nach Norwegen und Frankreich sowie die Fluss-Wasserwege und Landwege.



Cog 13th century
Cog
Die Schiffe der Hanse waren die Koggen. Sie entwickelten sich aus den 'Knorren' der Wikinger. Die Koggen hatten einen hochbordigen, runden, klinkerbeplankten Rumpf mit einem steilen Steven und geradem Kiel. Das Verhältnis Länge zu Breite war 3:1. Es wurde ein festes, durchlaufendes Deck zum Schutz der Ladung eingebaut.
Die ersten Koggen hatten noch ein Seitenruder das aber von einem Heckruder abgelöst wurde. Die Schiffe hatten einen Mast mit einem Rahsegel, obwohl noch längere Zeit eine Riemenbenutzung zusätzlich vorgesehen war.
Auf der rechten Marke ist eine Kogge abgebildet, die 1962 in Bremen geborgen wurde.
Sie wird auf das Jahr 1380 datiert und gehört mit ihren Daten zu den kleineren Koggentypen: L - 23,5m, B - 7,5m, T - 2m, Ladefähigkeit 42 bis 60 Lasten, d.h. ca. 120 tons, Besatzung 15 - 20 Mann.
Bremen Cog
Die Ladefähigkeit wurde damals in 'Lasten' angegeben, die allerdings unterschiedlich waren. Es gab Salzlasten, Roggenlasten, Heringslasten etc. Bei den Koggen entsprach eine Last etwa 2 Tonnen.


Cog 14th century
Dover Cog
Anfang des 14. Jahrhunderts wurden auf den Koggen vorne und achtern Plattformen zur Aufnahme von Kriegern gebaut, die sogenannten Kastelle. Der Mastkorb diente ebenfalls als Gefechtsstation.
Die Masthöhe betrug ca. das Vierfache der Schiffsbreite, also 12 bis 24 m, die Segelfläche lag bei 60 bis 170 qm. Die Schiffe konnten bei kräftigem Wind gut 5 bis 6, max. 8 Knoten laufen.
Auf der linken Marke ist eine rekonstruierte Kogge zu sehen, deren Reste 1975 bei Danzig gefunden wurden. Dazu passt auch die Kogge auf der polnischen Marke am Anfang dieser Seite, die nach einem Siegel aus Stralsund von 1329 gestaltet wurde.
Auf der rechten Marke ist ein Schiff von einem Siegel aus Dover aus dem Jahre 1305 abgebildet. Hier kann man noch das Seitenruder an der Backbordseite erkennen, es war aber sicher an Steuerbord. Die Segelfläche betrug ca. 120 qm.
Ob es dieses kriegerisches Schiff gegeben hat ist zweifelhaft. Die beiden Kastelle beim Bug und Heck und die Flagge achtern stammen von Koggen, die Ruderer hinter Schildern und die Bugverzierung stammen von Wikinger Drachenschiffen.
Cog
Cog
Die Schiffsgröße nahm im laufe der Jahre natürlich zu.
Um 1227 lag die durchschnittliche Tragfähigkeit der Koggen bei 20 Lasten, um 1300 bei 40 Lasten, um 1358 bei 60 Lasten und um 1400 bei 100 Lasten (ca. 200 Tonnen).


Dutch Hulk
Hulk
Auf der linken Marke sehen wir eine einmastige Hulk (Holk) von einem Siegel aus Danzig um 1400.
Aus diesem holländischen Typ und den bisherigen Koggen entwickelte sich ein dreimastiges Schiff, das ebenfalls mal Hulk und mal als Weiterentwicklung der Kogge bezeichnet wird, rechte Marke.
Diese Schiffe bekamen Mitte des 15. Jahrhunderts eine glatte Kraweelbeplankung, dadurch wurden sie schneller. Der Mastkorb wurde durch einen Mars ersetzt, das ist eine kastellartige Plattform zur Aufnahme von Kriegern und Waffen.
Am Fockmast auf dem Vorderkastell und dem Grossmast wurden Rahsegel gesetzt, am Besanmast auf dem Achterkastell ein Lateinersegel, um besser am Wind segeln zu können.
Diese Schiffe hatten folgende Daten: L - 30m, B - 8m, T - 3m, Tragfähigkeit 100 Lasten entsprechend 200t, Segelfläche 300 qm.


Luebeck
merchant, London
Die wesentlichsten Impulse bei der Entwicklung der Hanse im Nordsee- und Ostseeraum gingen von Lübeck aus, Marke links.
Von hier aus liefen die Handelswege nach Visby/Gotland, nach Nowgorod, Bergen, Brügge und London. Und natürlich auch ins Binnenland.
Mittelpunkt der hansischen Niederlassungen waren die Hansekontore, die auch eigene Namen hatten, z.b. der Petershof in Nowgorod, die Deutsche Brücke in Bergen und der Stalhof in London.
Auf der rechten Marke ist der Kaufmann Hermann Hillebrandt Wedigh abgebildet, der die Hanse im Londoner Stalhof vertrat (, nach einem Holbein Gemälde).
Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts hatte Lübeck unbestritten die Führung, es leitete die Hansetage, bestimmte die Richtlinien und die Verfassung der Kontore.


Die Hanse handelte mit dem Getreideüberschuss aus dem Osten, mit dem Fischreichtum von Bergen und Schonen, den Tuchballen aus Brügge, mit Wachs, Honig, Pelzen und Bernstein.
Auf der norwegischen Marke sehen wir eine Kogge / Hulk mit Klippfischsymbolen. (Klippfisch ist getrockneter und gesalzener Kabeljau). Reedereien gab es bei der Hanse nicht.
Ein Schiff hatte mehrere Eigner, meist war der Kapitän / Schiffer auch finanziell beteiligt. Die Kaufleute erwarben Anteile an vielen Schiffen, somit war das Risiko bei Schiffbruch und Piraterie verteilt.
Cog, Klippfish


Danzig, merchants
Danzig port
Im 15. Jahrhundert fuhren für die Hanse über 1000 Schiffe mit einer Kapazität von ca. 45.000 Lasten, also ca. 90.000 Tonnen. Jährlich wurden über 200.000t Waren transportiert.
Von Schonen wurden allein im Jahr 300.000 Fass Fisch abgefahren und von Danzig liefen 1.100 Schiffe mit Getreide nach Holland und Flandern aus.
Auf einer Kogge fuhren ca. 15 bis 20 Mann Stammbesatzung, dazu kamen einige Kaufleute und ihre Gehilfen mit. Im Kriegsfalle und in Piratengegenden kamen je nach Schiffsgröße eine bestimmte Anzahl 'Kriegsvolk' dazu, bei den Hulken über 100 Mann.
Auf den Marken sehen wir Schiffe und Händler im Hafen von Danzig. Im Hintergrund ist das berühmte Danziger Krantor zu sehen, ein Speicher mit integriertem Kran, der bereits zur Hansezeit in Betrieb war.


Die Koggen waren keine Kriegsschiffe. Zur Selbstverteidigung hatten sie ihre Kastelle mit Kriegern besetzt. Dennoch wurden Schiffe regelrecht zum Kampf aus- bzw. umgerüstet.
Man nannte sie 'Friedeschiffe', um den Feind zu befrieden, oder auch 'Utligger', die an Flussmündungen liegend auf den Gegner lauerten.
Es gab auch das 'Orlogschiff', das Kriegsschiff bedeutet. Als Waffen wurden Bogen, Armbrust und Wurfmaschinen eingesetzt. Dazu gehörten auch Steinschleudern.
Mit der Entwicklung der Feuergeschütze wurden im 15. Jahrhundert gewehrähnliche Arkebusen und kleine Geschütze, den 'Schlangen' und Karonaden auf den Kastellen angebracht.
orlog cog
Später kamen auch große Kanonen, die Kartaunen dazu, die mittschiffs aufgestellt wurden.
Auf der Marke rechts oben sehen wir ein Schiff um 1470 mit einem Aufzug für Steine zur Marsplattform. Man erkennt hier auch eine weiße Hanseflagge mit einem schwarzen Kreuz.
Jede Kogge hatte eine Flagge (Flüger) in den Farben ihrer Heimatstadt.
cog
Obwohl die Hanse ein friedlicher Städtebund ohne politische Ambitionen war, scheute sie sich nicht, ihre Angelegenheiten auch mit Gewalt durchzusetzen.
Dabei entwickelte sie neue Seekriegstechniken wie Konvoifahrten, Seeblockaden und Seeanlandungen.
Um sicher ans Ziel zu kommen fuhren die Schiffe oft im Konvoi. Blockaden und amphibische Landungen hat es in den Kriegen der Hanse mit Dänemark und Norwegen gegeben.


Ein damaliges Seegefecht kann man in drei Phasen einteilen. Zuerst versucht sich das Schiff in die günstige Luvposition zu bringen, um manövrierfähig zu bleiben und dem Gegner den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Im zweiten Teil wird mit Wurfgeschossen, Arkebusen und Armbrustpfeilen versucht, die Kampfeskraft des Feindes zu brechen. In der dritten Phase wird geentert und im Nahkampf 'Mann gegen Mann' das Seegefecht entschieden.
man of war


hulk
Im 13. und 14 Jahrhundert machten die Seeräuber die hansische Seeschiffahrt unsicher und brachten sie zeitweise sogar zum erliegen.
Die Hanse wehrte sich durch Bildung von Konvois, die mit den 'Friedeschiffen' gesichert wurden. Erschwerend kam dazu, dass die Piraten oft im Dienste oder unter dem Schutz eines Landesfürsten standen.
Zu dieser Zeit waren immer irgendwo Auseinandersetzungen zwischen Ländern, Städten und der Hanse. Die Seeräuber wurden quasi als Söldnertruppe angeworben, bekamen Kaperbriefe und wurden auf den Gegner losgelassen.
Die Beute konnten die Piraten dann sogar in den Auftragshäfen verkaufen, die für sie gleichzeitig Schutzhäfen waren.


Die Hanse war ebenfalls nicht zimperlich und heuerte für ihre Zwecke auch Seeräuber an. Durch die Lieferung von Viktualien (Lebensmittel) nach Stockholm hatten die Seeräuber den Namen 'Vitalienbrüder' bekommen. Später nannten sie sich auch 'Likedeeler' - Gleichteiler.
Die Inseln Gotland und Rügen wurden gegen Ende des 14. Jahrhunderts zum Hauptschlupfwinkel der Vitalienbrüder. 1398 stellten die Hansestädte und der Deutsche Orden eine Armada von 84 Schiffen mit 4000 Mann zusammen.
Mit dieser Flotte griffen sie Gotland an. Die wenigen Piraten, die entkommen konnten, verliessen die Ostsee.
Peter von Danzig
Auf der Marke ist der 'Peter von Danzig' abgebildet. Das Schiff wurde als 'Pierre de la Rochelle' in La Rochelle gebaut und kam 1462 nach Danzig.
1470 wurde es zu Kriegszwecken aufgerüstet und im Englischen Kanal eingesetzt. Nach erfolglosen Einsätzen konnte 1472 ein Schiff in der Themsemündung gekapert werden. (L-43m, B-12m, 17 Geschütze)


Stoertebeker
Coloured Cow
Die bekanntesten und sagenumwobensten Piraten waren Goedeke Michels und Klaus Stoertebeker. Sie kreuzten bereits in der Ostsee mit ihrem Schlachtruf 'Gottes Freund und aller Welt Feind' und teilten danach die Nordsee unter sich auf.
Stoertebeker operierte von Helgoland aus vor der Elb- und Wesermündung und Michels segelte im Seeraum vor England und Flandern.
Im Jahre 1400 wurde in einem Seegefecht vor Helgoland Stoertebeker's Flotte von einem Geschwader Hamburger Schiffe geschlagen.
Stoertebeker wurde gefangen genommen und anschliessend geköpft. Einzelheiten hierzu sind heute nur als Legenden bekannt.
Auf dem linken Ausschnitt einer Ganzsache sehen wir Stoertebeker auf einer Medaille, auf der rechten Marke ist die 'Bunte Kuh von Flandern' abgebildet, die von Simon van Utrecht geführt wurde.
Sie gehörte zur Hamburger Flotte und hatte angeblich 140 Armbrustschützen und 'Gewappnete' an Bord.


Danzig Cog
Danzig Cog
Adler von Luebeck
Im 16.Jahrhundert erlitt die Hanse Niederlagen gegen die Schweden und Dänen. Danach entzogen sich die skandinavischen Länder mehr und mehr dem Einfluss der Hanse.
Die Holländer errangen das Übergewicht im Ostseehandel, England kapselte sich ab und schloss 1598 den Stalhof in London.
Der 30jährige Krieg 1618/48 fegte in Mitteleuropa die Basis für Handelsgeschäfte weg und besiegelte das Ende der Hanse.
Der letzte Hansetag fand 1669 statt und wurde nur noch von sechs Städten besucht.
Die großen Entdeckungen Ende des 16. und im 17. Jahrhundert bahnten den Überseehandel an. Die Sonderinteressen der Länder und einzelner Städte überwogen, sie betrieben ihre Geschäfte nach eigenem Gutdünken. Der Handel verlagerte sich von den Nebenmeeren auf die Weltmeere.
Auf der linken Marke ist der 'Adler von Lübeck' abgebildet. Er wurde 1565/66 in Lübeck als Viermast-Kriegsschiff für die Hanse erbaut.
Das Schiff wurde aber in keinem Kampf eingesetzt sondern 1570 zum Handelsschiff umgebaut. Hieran kann man erkennen, dass nicht nur Koggen für die Hanse fuhren.


Koggen
Eine Gemeinschaftsausgabe "650 Jahre Städtehanse" von Schweden und Deutschland erschien 2006.
1356 hatten sich in Lübeck Vertreter diverser hansischer Städte getroffen, um ein gemeinsames Vorgehen in den Handelsrechten, Handelsfragen mit dem Grafen von Flandern und der Stadt Brügge abzustimmen.
Diese Zusammenkunft gilt als Gründungsdatum der Städtehanse.
Koggen


Die Kieler "Hanse Kogge" ist ein original Nachbau einer Kogge von 1380, die 1962 bei Bremen gefundenen wurde.
L * B * T = 23,27m * 7,62m * 2,25m
Mastlänge 25m,
Segelfläche rd. 200 m2
Laderaum rd. 150,00 m3
Verdrängung ca. 84 t beladen.
Fertigstellung 1991.

Es exitieren fünf Nachbauten deutscher Koggen:
"Lisa von Lübeck", "Roland von Bremen", "Ubena von Bremen", Kieler "Hansekogge" und "Wissemara".

Koggen


Koggen
Die "Lisa von Lübeck" ist die Rekonstruktion eines Kraweels aus dem 15. Jahrhundert.
Bauzeit 1999-2004
Gewicht: 200 Tonnen,
L*B*T = 35,9m * 9,3m * 2,86m,
Masttop über Wasser: 21,15m
    Es sind die Überreste verschiedener Koggen gefunden worden:
  • 1943 Fund im Koldingfjord, der wurde konserviert aber noch nicht ausgestellt. (?)
  • 1962 Fund in der Weser bei Bremen, das Boot befindet sich im Schiffahrtsmuseum Bremerhaven.
    Nachbauten sind die "Ubena von Bremen", "Roland von Bremen" und die Kieler "Hansekogge".
  • 1983 Fund in der Zuidersee, Nachbau ist die "Kamper Kogge".
  • 1990 Fund von Kogge-Resten in Estland.
  • 1997 Fund bei der Insel Poel, Nachbau "Wissemara".
  • 2000 Fund bei Doel, Belgien, die Reste werden konserviert.



Hinweis: Auf dem Dover-Siegel (Guyana Marke oben) ist ein Seitenruder an Backbord erkennbar. Das liegt vermutlich daran, dass der Graveur nicht beachtet hat, dass der Abdruck ein seitenverkehrtes Bild abgibt. Das Ruder war sicherlich an Steuerbord. Das englische Wort 'port' für Backbord kommt von der Gewohnheit, am Kai immer mit der weniger empfindlichen Backbordseite anzulegen.

Das Hintergrundbild zeigt die in Kiel gebaute Hansekogge.

© Seemotive Bjoern Moritz, alle Rechte vorbehalten


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